Decoy Pricing im Marketing: Psychologie trifft Preisgestaltung
Preise sind weit mehr als bloße Zahlen auf einem Etikett. Sie entscheiden darüber, ob wir ein Produkt attraktiv finden, wie wir es im Vergleich zu Alternativen bewerten – und ob wir letztlich kaufen. Im Marketing spielt deshalb nicht nur der tatsächliche Wert einer Ware eine Rolle, sondern auch die Art und Weise, wie Preise präsentiert werden. Genau hier setzt die Preispsychologie an: Sie untersucht, wie der Mensch Entscheidungen trifft und welche subtilen Faktoren unser Kaufverhalten beeinflussen.
Eine besonders spannende Technik ist dabei das Decoy Pricing, auch bekannt als Decoy Effekt. Unternehmen setzen diesen psychologischen Kniff gezielt ein, um Konsumenten zu einer bestimmten Wahl zu lenken – ohne dass diese es bewusst merken.

Decoy Pricing einfach erklärt
Beim Decoy Pricing (zu Deutsch: „Köder-Preisgestaltung“) handelt es sich um eine preispsychologische Strategie, die auf dem sogenannten Decoy Effekt basiert. Dabei wird dem Kunden neben zwei Hauptoptionen ein drittes, unattraktives Angebot präsentiert. Dieses „Köder-Angebot“ ist nicht dazu gedacht, tatsächlich gekauft zu werden, sondern soll die Entscheidung subtil in eine bestimmte Richtung lenken.
Ein klassisches Beispiel:
-
Popcorn klein: 3 €
-
Popcorn groß: 7 €
-
Popcorn mittel: 6,50 €
Ohne das mittlere Angebot würden sich viele Kunden für die kleine Portion entscheiden. Durch die Einführung des „Köders“ (mittel) wirkt die große Portion jedoch im Verhältnis deutlich attraktiver – und die Wahl fällt häufiger auf das teurere Produkt.
Das Prinzip ist simpel: Menschen vergleichen Preise nicht absolut, sondern relativ. Das Köder-Angebot schafft einen Ankerpunkt, der das bevorzugte Produkt deutlich vorteilhafter erscheinen lässt.

Praxisbeispiele aus unterschiedlichen Branchen
Kino & Gastronomie
Das wohl bekannteste Beispiel für den Decoy Effekt findet sich beim Popcorn im Kino. Wie schon erwähnt, wird das mittlere Angebot als „Köder“ eingesetzt, um die große Portion attraktiver wirken zu lassen. Dieses Prinzip lässt sich auch in der Gastronomie beobachten:
-
In Restaurants erscheinen oft drei Varianten eines Gerichts – klein, mittel, groß. Die mittlere Variante ist dabei bewusst so kalkuliert, dass Gäste häufiger die große Portion bestellen.
-
Auch bei Getränken (z. B. Coffee-to-go) werden Köder-Preise genutzt, um die mittlere Größe aufzuwerten oder die große Tasse als „beste Wahl“ erscheinen zu lassen.
Streaming & Software
Digitale Produkte nutzen Decoy Pricing besonders intensiv:
-
Streaming-Dienste wie Netflix oder Spotify bieten meist drei Abo-Modelle an. Das mittlere Abo ist oft nur minimal günstiger als das Premium-Modell, sodass sich viele Kunden direkt für die teuerste Option entscheiden.
-
Softwareanbieter setzen ebenfalls auf dieses Prinzip. Ein „Standard“-Paket wird als Köder platziert, damit das „Pro“- oder „Business“-Paket als wesentlich besseres Preis-Leistungs-Verhältnis wirkt.
Einzelhandel & E-Commerce
Auch im Onlinehandel kommt der Decoy Effekt regelmäßig vor:
-
Bei Elektronikprodukten wie Smartphones oder Laptops werden drei Varianten angeboten – eine günstige Basisversion, eine mittlere Version als Köder und eine Premium-Version, die im Vergleich am attraktivsten erscheint.
-
In E-Commerce-Shops wird das Köder-Prinzip oft bei Bundles genutzt: Ein Paket mit leicht schlechterem Preis-Leistungs-Verhältnis lenkt den Blick auf das „empfohlene“ Produkt.
Diese Beispiele zeigen, dass Decoy Pricing universell einsetzbar ist – egal ob Popcorn, Streaming-Abo oder High-Tech-Produkt.
So setzt du Decoy Pricing im eigenen Business um
Der Decoy Effekt lässt sich in vielen Branchen nutzen – entscheidend ist, das richtige Verhältnis zwischen den Angeboten zu finden. Damit deine Kunden den Köder wahrnehmen und das gewünschte Produkt bevorzugen, solltest du folgende Schritte beachten:
-
Definiere dein Hauptprodukt
Überlege dir, welche Option du am liebsten verkaufen möchtest – oft ist es die Variante mit der besten Marge oder dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. -
Füge ein Köder-Angebot hinzu
Das zusätzliche Angebot sollte so gestaltet sein, dass es dem Wunschprodukt sehr nahekommt, aber bewusst unattraktiver wirkt (z. B. fast gleich teuer, aber mit deutlich weniger Leistung). -
Präsentiere klar und übersichtlich
Kunden reagieren stark auf die Darstellung. Eine übersichtliche Vergleichstabelle, klare Hervorhebungen („Beliebteste Wahl“) oder Preisanker sorgen dafür, dass das Köder-Angebot seine Wirkung entfaltet. -
Teste verschiedene Varianten
Nicht jede Zielgruppe reagiert gleich. A/B-Tests helfen dir, die optimale Preisstruktur für dein Business zu finden. -
Achte auf Glaubwürdigkeit
Zu offensichtliche Tricks können Vertrauen zerstören. Setze Decoy Pricing so ein, dass es subtil bleibt und deine Marke nicht beschädigt.
Richtig angewendet, kann Decoy Pricing deine Conversion-Rate spürbar erhöhen und Kunden stärker zu deinen profitabelsten Angeboten lenken.

Risiken, Grenzen und ethische Aspekte
So wirkungsvoll der Decoy Effekt auch ist – er hat seine Grenzen und kann unter bestimmten Umständen sogar nach hinten losgehen.
-
Vertrauensverlust bei zu offensichtlicher Manipulation
Wenn Kunden merken, dass ein Angebot nur als „Köder“ dient, kann das Vertrauen in die Marke stark leiden. Transparenz und Glaubwürdigkeit sind deshalb entscheidend. -
Nicht in jeder Zielgruppe wirksam
Der Decoy Effekt funktioniert besonders gut bei Konsumenten, die schnell Entscheidungen treffen oder wenig Zeit zum Vergleichen haben. Preisbewusste Kunden mit hoher Marktkenntnis lassen sich dagegen schwerer beeinflussen. -
Regulatorische und ethische Fragen
In manchen Märkten gibt es Diskussionen, ob Decoy Pricing eine Form von Manipulation darstellt. Während es rechtlich meist unproblematisch ist, sollten Unternehmen dennoch abwägen, ob der Einsatz zum Markenimage passt. -
Kurzfristige vs. langfristige Wirkung
Kurzfristig kann Decoy Pricing Umsätze steigern. Wird es jedoch dauerhaft oder in übertriebener Form eingesetzt, riskieren Unternehmen, dass Kunden sich manipuliert fühlen und abwandern.
Decoy Effekt als Tool smarter Preisstrategien
Das Decoy Pricing zeigt eindrucksvoll, wie stark psychologische Effekte unsere Kaufentscheidungen prägen. Ob im Kino, beim Streaming-Abo oder im Online-Shop – das Köder-Angebot sorgt dafür, dass Konsumenten unbewusst zur „gewünschten“ Option greifen.
Für Unternehmen ist der Decoy Effekt ein vielseitiges Werkzeug: Er steigert Umsätze, stärkt bestimmte Produktlinien und macht Preisstrategien flexibler. Gleichzeitig gilt es, verantwortungsvoll damit umzugehen. Wer zu plump manipuliert, riskiert langfristig Vertrauen und Kundenbindung.
Richtig eingesetzt ist Decoy Pricing jedoch ein cleveres Marketing-Instrument, das zeigt: Preisgestaltung ist mehr als reine Mathematik – sie ist ein Spiel mit Wahrnehmung, Psychologie und Kaufentscheidungen.
Neben dem Decoy Pricing gibt es noch eine Vielzahl an weiteren Frameworks, die den Alltag im Marketing bestimmen. Um alle kennenzulernen, empfehle ich dir, einen Blick in mein Buch „Marketing Management Frameworks“ zu werden. Mehr Informationen hierzu findest du auf der Buchseite.
Quellen und Verweise
https://dealavo.com/de/decoy-preisstrategie
https://de.wikipedia.org/wiki/Decoy-Effekt
https://wolf-of-seo.de/was-ist/decoy-effekt
https://karrierebibel.de/decoy-effekt
https://www.konversionskraft.de/behavior-patterns/decoy-effect.html
https://www.ionos.de/digitalguide/online-marketing/verkaufen-im-internet/decoy-effekt-im-marketing
https://myway-digital.com/2024/10/31/der-decoy-effekt-im-pricing
https://rittervongral.de/burgalltag/marketing-psychologie-der-decoy-effekt
https://varify.io/de/blog/decoy-effekt
https://www.selders.com/decoy-effekt-lockvogel-effekt-chance-fuer-dein-b2b-marketing
https://www.growganic.de/der-decoy-effekt-von-taeuschung-zu-mehr-umsatz
https://www.econstor.eu/bitstream/10419/22097/1/10_2004.pdf