Conjoint Analyse einfach erklärt: So funktioniert die Methode der Marktforschung

In immer komplexeren Märkten reicht es nicht mehr, Produkte „nach Bauchgefühl“ zu entwickeln. Unternehmen müssen verstehen, welche Merkmale Kaufentscheidungen wirklich beeinflussen – Preis, Marke, Design oder einzelne Features. Genau dafür gibt es die Conjoint Analyse: eine Methode der Marktforschung, die Produkte in einzelne Eigenschaften zerlegt und untersucht, wie deren Zusammensetzung die Produktwahl bestimmt.

Definition: Was ist eine Conjoint Analyse?

Die Conjoint Analyse (von “considered jointly” – „gemeinsam betrachtet“) untersucht Produkte nicht Merkmal für Merkmal isoliert, sondern im Zusammenspiel. Befragte sehen vollständige Produktprofile, treffen Entscheidungen und aus diesen Präferenzen lassen sich Teilnutzenwerte (Part-Worths) berechnen.

A.V. (abhängige Variable): Produktwahl bzw. Präferenz
U.V. (unabhängige Variable): Zusammensetzung der Produktmerkmale

Typische Fragestellungen:

  • Welche Kombination von Features führt zur höchsten Kaufwahrscheinlichkeit?

  • Welche Ausprägungen gewinnen oder verlieren Marktanteil?

  • Welchen Aufpreis sind Kunden bereit für ein Feature zu zahlen?

  • Wie können unattraktive Merkmale durch andere kompensiert werden (Trade-Offs)?

Ziele der Conjoint Analyse

  • Produktentwicklung: Relevanz einzelner Features erkennen

  • Produktdesign: Kundenfeedback zu Merkmalsausprägungen einholen

  • Marktsegmentierung: Cluster nach Präferenzmustern bilden

  • Marktsimulation: Marktanteile von Produktalternativen simulieren

  • Preisforschung & WTP: Zahlungsbereitschaft modellieren und grafisch darstellen

Fünf Anwendungsfelder der Marktforschung: Produktentwicklung, Produktdesign, Marktsegmentierung, Marktsimulation sowie Preisforschung und Willing-to-pay.

Funktionsweise: So läuft eine Conjoint Analyse ab

    1. Auswahl der Eigenschaften und Ausprägungen

    2. Festlegung des Erhebungsdesigns und der Bewertungsart

    3. Schätzung der Nutzenwerte und relativen Wichtigkeiten (S-Gewichte)

    4. Durchführung von Trade-Off-Analysen (Kompensationseffekte)

    5. Marktsegmentierung und Simulation

    Compositional vs. Decompositional Approach

    • Compositional: Wichtigkeit und Präferenzen einzelner Merkmale werden direkt abgefragt, Gesamtnutzen wird konstruiert.

    • Decompositional: Befragte bewerten ganze Produktprofile, daraus werden nachträglich Teilnutzen berechnet.

    Arten der Conjoint Analyse

    1. Traditionelle Conjoint Analyse (Full Profile)

      • Befragte bewerten vollständige Profile.

      • Vorteil: Technisch einfach.

      • Nachteil: Sehr kognitiv belastend, wenig realistisch.

    2. Adaptive Conjoint Analyse (ACA)

      • Fragebogen passt sich an vorherige Antworten an.

      • Kombination aus compositional und decompositional Elementen.

      • Vorteil: Individuelle, kürzere Befragungen.

      • Nachteil: Methodisch komplex und aufwändig.

      Ablauf ACA (vereinfacht):

      • Präferenzen für Attribute abfragen (Likert-Skala)

      • Wichtigkeit von Attributen vergleichen

      • Paarweise Vergleiche von Profilen (2–3 Attribute)

      • Kalibrierungsfrage: Kaufwahrscheinlichkeit 0–100

    3. Choice Based Conjoint (CBC)

      • Befragte wählen zwischen mehreren Produktalternativen.

      • Vorteil: Sehr realitätsnah, bildet echte Kaufentscheidungen ab.

      • Nachteil: Braucht viele Beobachtungen und fortgeschrittene Statistik.

    Ergebnisse und Kennzahlen

    • Teilnutzenwerte (Part-Worths): Nutzen einzelner Merkmalsausprägungen

    • Relative Wichtigkeit (S-Gewicht): Anteil, mit dem ein Merkmal den Gesamtnutzen beeinflusst

    • Marktsimulationen: Prognosen zu Marktanteilen bei verschiedenen Konfigurationen

    • Trade-Off-Analysen: Wie stark muss z. B. der Preis sinken, um einen Nachteil bei einem Feature auszugleichen?

    Grenzen und Limitierungen

    • Merkmale müssen unabhängig, überschaubar, realistisch und vergleichbar gestuft sein

    • Echte Innovationen schwer abbildbar (fehlende Vergleichswerte)

    • Segmentierung nicht nach soziodemografischen Daten möglich

    • Erfordert spezialisierte Software und statistisches Know-how

    • Kognitive Belastung der Befragten bei zu vielen Attributen

Vergleich der Conjoint-Methoden: Traditionelle Conjoint, Adaptive Conjoint Analysis und Choice Based Conjoint mit Vorteilen und Nachteilen.

Vorteile & Grenzen der Methode

Die Conjoint Analyse hat sich in der Marktforschung etabliert, weil sie zahlreiche Vorteile bietet. Gleichzeitig gibt es aber auch einige Einschränkungen, die man kennen sollte.

Vorteile

  • Realitätsnähe: Statt isolierte Merkmale abzufragen, simuliert die Methode echte Kaufentscheidungen.

  • Quantifizierbare Ergebnisse: Unternehmen erhalten konkrete Zahlenwerte zu Nutzen und Zahlungsbereitschaft.

  • Vielfältige Einsatzmöglichkeiten: Ob Preisgestaltung, Produktentwicklung oder Marktsegmentierung – die Analyse ist flexibel einsetzbar.

  • Prognosekraft: Mit den gewonnenen Daten lassen sich Marktanteile und Kaufentscheidungen simulieren.

  • Kundenzentrierung: Entscheidungen werden nicht „aus dem Bauch heraus“, sondern auf Basis echter Kundenpräferenzen getroffen.

Grenzen und Herausforderungen

  • Komplexität: Die Erstellung von sinnvollen Produktprofilen und die statistische Auswertung erfordern Fachwissen.

  • Teilnehmerbelastung: Zu viele Merkmale oder Ausprägungen können Befragte überfordern und die Datenqualität mindern.

  • Abstraktion: Trotz Realitätsnähe handelt es sich um Simulationen – das tatsächliche Kaufverhalten kann im Markt variieren.

  • Aufwand: Durchführung und Analyse sind zeit- und kostenintensiver als einfache Umfragen.

Kurz gesagt: Die Conjoint Analyse liefert tiefgehende und wertvolle Erkenntnisse, erfordert aber eine sorgfältige Planung und den richtigen methodischen Einsatz.

Fazit: Warum Conjoint Analysen in der Marktforschung unverzichtbar sind

Die Conjoint Analyse gehört heute zu den wichtigsten Methoden der Marktforschung, wenn es darum geht, Kundenpräferenzen präzise zu messen und daraus handlungsrelevante Strategien abzuleiten. Anders als klassische Befragungen liefert sie keine oberflächlichen Meinungen, sondern simuliert reale Entscheidungssituationen – und macht damit sichtbar, welche Faktoren tatsächlich kaufentscheidend sind.

Für Unternehmen bedeutet das: Mit Conjoint Analysen lassen sich Produkte gezielter entwickeln, Preise optimal festlegen und Marketingstrategien passgenau ausrichten. Gerade in wettbewerbsintensiven Märkten ist das ein entscheidender Vorteil. Man baut ein Verständnis darüber auf, wie die Kundensicht auf das eigene Produkt funktioniert.

Kurz gesagt: Wer die Bedürfnisse seiner Kunden wirklich verstehen will, kommt an der Conjoint-Analyse kaum vorbei. Sie ist ein unverzichtbares Werkzeug für marktorientierte Entscheidungen, die langfristig den Unternehmenserfolg sichern.

Die Conjoint-Analyse ist aus der Marktforschung nicht mehr wegzudenken. Genauso wie eine Vielzahl anderer Frameworks, die du in meinem Buch erklärt bekommst. Hierzu empfehle ich dir die Buchseite zum Buch Marketing Management Frameworks.

Quellen und Verweise

https://www.marketinginstitut.biz/blog/conjoint-analyse

https://studyflix.de/wirtschaft/conjoint-analyse-662

https://www.qualtrics.com/de/erlebnismanagement/marktforschung/conjoint-analyse

https://www.intervista.ch/research-guide-marktforschung/conjoint-analyse

https://www.appinio.com/de/blog/marktforschung/conjoint-analyse

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/conjoint-measurement-28402

https://www.business-wissen.de/hb/conjoint-analyse-am-beispiel-erklaert-mit-vorlagen

https://www.rogator.de/wissenswertes/fachwissen-customer-feedback/conjoint-analyse

https://www.splendid-research.com/de/news/conjoint-analyse-definition-nutzen-bestpractice

https://www.business-wissen.de/hb/conjoint-analyse-vorbereiten-produktmerkmale-zielgruppe

https://www.lamapoll.de/Online-Marktforschung/Conjoint-Analyse

https://www.befragung-und-analyse.de/conjoint-analyse

https://novustat.com/statistik-blog/conjoint-analyse-fuer-unternehmensentscheidungen-der-ultimative-ueberblick.html

https://skimgroup.com/de/methodologies/conjoint-analysis

https://datambar.com/de/marktforschungsanalyse-produkte-conjoint-analyse

https://www.bwl-lexikon.de/wiki/conjoint-analyse

https://forms.app/de/blog/was-ist-die-conjoint-analyse

https://www.marketinginstitut.biz/blog/conjoint-analyse

https://www.testify.io/glossar/conjoint-analyse

Klaus Backhaus – Multivariate Analysemethoden (17. Auflage)

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