Wachstumsstrategien erklärt: Die Ansoff-Matrix mit 4 und 9 Feldern

Wachstum ist kein Zufallsprodukt – zumindest nicht im nachhaltigen Sinne. Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein wollen, brauchen eine klare Strategie, wie sie neue Märkte erschließen, Produkte weiterentwickeln oder bestehende Kundenbeziehungen vertiefen können. Genau hier kommen bewährte strategische Frameworks wie die Ansoff-Matrix ins Spiel.

Darüber hinaus gibt es weitere Modelle wie die GE-/McKinsey-Neun-Felder-Matrix, die aus der Portfolioanalyse hervorgegangen ist und zusätzliche strategische Perspektiven eröffnet.

Diese Werkzeuge helfen, Wachstumsoptionen strukturiert zu analysieren und zielgerichtete Entscheidungen zu treffen. Sie bieten nicht nur eine theoretische Grundlage, sondern lassen sich auch praktisch anwenden – sei es in der Produktentwicklung, bei der Internationalisierung oder bei der Diversifikation des Geschäftsmodells. Für Manager, Gründer oder strategisch denkende Unternehmer ist das Verständnis dieser Modelle daher essenziell.

Grundlagen der Ansoff-Matrix

Die Ansoff-Matrix, benannt nach dem US-amerikanischen Mathematiker und Unternehmensberater Igor Ansoff, wurde bereits in den 1950er-Jahren entwickelt und zählt bis heute zu den bekanntesten Modellen der strategischen Planung. Ihr Ziel ist es, Unternehmen eine einfache, aber wirkungsvolle Orientierung zu geben, wenn es um die Wahl einer Wachstumsstrategie geht.

Das Modell basiert auf zwei Dimensionen:

  • Märkte: bestehend oder neu

  • Produkte: bestehend oder neu

Durch die Kombination dieser beiden Achsen entsteht eine 4-Felder-Matrix, die vier grundlegende Wachstumsoptionen aufzeigt – von der risikoarmen Marktdurchdringung bis hin zur risikoreichen Diversifikation.

Die Stärke des Modells liegt in seiner Klarheit: Unternehmen können ihre aktuelle Position einschätzen und daraus ableiten, welche Wachstumsoption am besten zu ihren Zielen, Ressourcen und Marktbedingungen passt. Gerade weil die Ansoff-Matrix sehr übersichtlich ist, dient sie oft als Einstieg in die strategische Analyse.

Die vier Strategien der Ansoff-Matrix im Detail

Die Ansoff-Matrix unterscheidet vier grundlegende Wachstumsstrategien. Jede davon geht mit eigenen Chancen, Risiken und Investitionsanforderungen einher.

  1. Marktdurchdringung
    Diese Strategie setzt darauf, den Absatz bestehender Produkte in bestehenden Märkten zu steigern. Typische Maßnahmen sind intensivere Werbung, Preissenkungen oder die Erhöhung der Vertriebsaktivitäten. Der Vorteil: Das Risiko ist vergleichsweise gering, da sowohl Markt als auch Produkt bereits bekannt sind. Allerdings stößt die Marktdurchdringung schnell an natürliche Grenzen, wenn der Markt gesättigt ist.

  2. Marktentwicklung
    Hier werden bestehende Produkte in neue Märkte eingeführt – beispielsweise in andere Länder, Regionen oder an neue Zielgruppen. Zwar muss das Produkt oft nur geringfügig angepasst werden, dennoch sind höhere Marketingkosten und das Überwinden von Markteintrittsbarrieren notwendig. Diese Strategie eignet sich für Unternehmen, die über ein starkes Produkt verfügen, aber neue Absatzpotenziale erschließen wollen.

  3. Produktentwicklung
    Bei der Produktentwicklung bleibt das Unternehmen auf dem bekannten Markt, bringt jedoch ein neues oder verbessertes Produkt auf den Markt. Der Vorteil liegt darin, dass vorhandene Vertriebskanäle und Kundenbeziehungen genutzt werden können. Gleichzeitig birgt die Strategie das Risiko, dass Investitionen in Forschung und Entwicklung nicht den gewünschten Markterfolg erzielen.

  4. Diversifikation
    Die riskanteste, aber potenziell auch ertragreichste Strategie ist die Diversifikation. Hier werden neue Produkte für neue Märkte entwickelt. Das Unternehmen betritt damit unbekanntes Terrain – sowohl hinsichtlich des Produkts als auch des Marktes. Diese Option erfordert hohe Investitionen, bietet jedoch die Chance auf völlig neue Einnahmequellen und eine langfristige Risikostreuung.

Gemeinsam zeigen die vier Strategien, dass Unternehmen je nach Ausgangslage zwischen risikoarmen und risikoreichen Wegen wählen können. Während Marktdurchdringung und Produktentwicklung häufig für etabliertes Wachstum genutzt werden, gilt die Diversifikation als Sprungbrett für grundlegende Transformationen.

Ansoff-Matrix mit Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung und Diversifikation – Produkt-Markt-Strategien

Die drei Formen der Diversifikation erklärt

Innerhalb der Diversifikation unterscheidet man drei Varianten, die sich hinsichtlich Risiko, Nähe zum Kerngeschäft und Investitionshöhe deutlich unterscheiden:

  1. Horizontale Diversifikation
    Bei der horizontalen Diversifikation entwickelt ein Unternehmen ein neues Produkt, das dem bisherigen Sortiment ähnlich ist. Bestehendes Know-how, vorhandene Prozesse und Vertriebskanäle können genutzt werden. Dadurch bleibt das Risiko überschaubar, und die Kosten sind geringer als bei anderen Formen. Ein Beispiel wäre ein Getränkehersteller, der zusätzlich eine neue Geschmacksrichtung oder eine verwandte Produktlinie auf den Markt bringt.

  2. Vertikale Diversifikation
    Hier erweitert ein Unternehmen seine Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette. Das kann bedeuten, dass vorgelagerte Produktionsschritte (z. B. die Herstellung von Rohstoffen) oder nachgelagerte Prozesse (z. B. Vertrieb und Handel) übernommen werden. Kurzfristig erfordert diese Strategie meist hohe Investitionen, langfristig kann sie jedoch Abhängigkeiten verringern, Margen steigern und die Kontrolle über den Markt erhöhen. Ein Beispiel wäre ein Modeunternehmen, das eigene Stores eröffnet, anstatt ausschließlich über Händler zu verkaufen.

  3. Laterale Diversifikation
    Die laterale Diversifikation ist die radikalste Form: Ein Unternehmen tritt in einen völlig neuen Markt mit einem Produkt ein, das keinerlei Bezug zum bestehenden Sortiment hat. Sie ist kosten- und risikointensiv, kann aber bei richtiger Marktanalyse enorme Chancen bieten. Klassische Beispiele sind Automobilhersteller, die in die Energiebranche einsteigen, oder Technologieunternehmen, die in den Gesundheitsmarkt expandieren.

Diese drei Diversifikationsformen zeigen, wie unterschiedlich die Ausprägungen derselben Wachstumsstrategie sein können – von risikoarm und nahe am Kerngeschäft bis hin zu hochriskant und transformativ.

Erweiterte Ansoff-Matrix mit Marktdurchdringung, Produktmodifikation, Produktentwicklung, Marktexpansion und Diversifikationsstrategien

Erweiterte Ansoff-Matrix (9 Felder)

In der Lehrpraxis wird die klassische 4-Felder-Matrix oft um zusätzliche Kategorien erweitert. Dabei spricht man von der „erweiterten Ansoff-Matrix“ mit neun Feldern.

Die 9-Felder-Matrix ergänzt die bestehenden Strategien um fünf zusätzliche Kategorien, die mehr Differenzierung erlauben:

  • Marktexpansion: Verkauf bestehender Produkte in neuen geografischen Märkten bei gleichbleibender Zielgruppe.

  • Produktmodifikation: Bestehende Produkte werden leicht angepasst und in bestehenden Märkten angeboten.

  • Limitierte Diversifikation: Modifikation bestehender Produkte, um neue geografische Märkte zu erschließen.

  • Partielle Diversifikation (neue Produkte): Entwicklung neuer Produkte für neue geografische Märkte.

  • Partielle Diversifikation (neue Kunden): Anpassung oder Modifikation von Produkten, um neue Zielgruppen anzusprechen.

Durch diese zusätzlichen Optionen können Unternehmen deutlich feiner analysieren, welche Schritte sinnvoll sind – gerade in Zeiten, in denen Märkte fragmentierter und Kundenbedürfnisse vielfältiger werden.

Darstellung der Diversifikation nach Ansoff – vertikal, horizontal und lateral mit Beispielen für neue Produkte und Märkte

Wichtig: Diese 9-Felder-Variante stammt nicht von McKinsey, sondern ist eine didaktische Erweiterung des ursprünglichen Ansoff-Modells. In einer vorangehenden Version stand an dieser Stelle fälschlicherweise, dass McKinsey dieses Modell erstellt hat. Dies stimmt jedoch nicht.

Fazit & Praxistipp

Die Ansoff-Matrix bleibt eines der wichtigsten Werkzeuge zur Entwicklung von Wachstumsstrategien. Ihr Vorteil liegt in der Einfachheit: Mit nur zwei Dimensionen – Markt und Produkt – lassen sich vier klare Stoßrichtungen ableiten, die von risikoarm bis risikoreich reichen.

Wer eine feinere Differenzierung benötigt, kann auf die erweiterte Ansoff-Matrix mit zusätzlichen Feldern zurückgreifen. Diese Variante macht sichtbar, dass zwischen den Extremen (z. B. bestehende Produkte in bestehenden Märkten vs. völlig neue Produkte in neuen Märkten) viele Zwischenoptionen existieren, die praxisnaher abgebildet werden können.

👉 Praxistipp:
Nutze die klassische Ansoff-Matrix für den schnellen Überblick und die erweiterte Version, wenn du deine strategischen Optionen detaillierter betrachten möchtest. Am Ende gilt: Entscheidend ist nicht das Modell selbst, sondern wie konsequent du die daraus abgeleiteten Strategien in die Tat umsetzt.

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Quellen und Verweise

https://ligsuniversity.com/research-of-environment-and-their-situation-ansoffs-matrix

https://blog.oxfordcollegeofmarketing.com/2016/08/01/using-ansoff-matrix-develop-marketing-strategy

https://www.utgjiu.ro/revista/ec/pdf/2017-02.Volumul_2_Special/21_EcobiciL.pdf

https://asana.com/de/resources/ansoff-matrix#:~:text=Die%20Ansoff-Matrix%20ist%20ein,die%20Produktentwicklung%20und%20die%20Diversifikation.

https://blog.hubspot.de/marketing/ansoff-matrix

https://www.thestrategyinstitute.org/insights/the-ansoff-matrix-a-powerful-tool-for-business-strategy-and-growth

https://factorialhr.de/blog/ansoff-matrix

https://quantive.com/resources/articles/ansoff-matrix

https://bibliotheksportal.de/fuer-bibliotheken/management/toolbox-werkzeuge-fuer-starke-kommunikation/kommunikationsanalyse/ansoff-matrix

https://www.personio.de/hr-lexikon/ansoff-matrix

https://asana.com/de/resources/ansoff-matrix

https://www.bwl-lexikon.de/wiki/ansoff-matrix

https://marketing.ch/lexikon/ansoff-matrix

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